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Der Baum der Menschheit und die Vernunft. — Das, was ihr als ?berv?lkerung der Erde in greisenhafter Kurzsichtigkeit fürchtet, gibt dem Hoffnungsvolleren eben die gro?e Aufgabe in die Hand: die Menschheit soll einmal ein Baum werden, der die ganze Erde überschattet, mit vielen Milliarden von Blüten, die alle nebeneinander Früchte werden sollen, und die Erde selbst soll zur Ern?hrung dieses Baumes vorbereitet werden. Dass der jetzige noch kleineAnsatz dazu an Saft und Kraft zunehme, dass in unz?hligen Kan?len der Saft zur Ern?hrung des Ganzen und des Einzelnen umstr?me — aus diesen und ?hnlichen Aufgaben ist der Ma?stab zu entnehmen, ob ein jetziger Mensch nützlich oder unnütz ist. Die Aufgabe ist uns?glich gro? und kühn: wir alle wollen dazutun, dass der Baum nicht vor der Zeit verfaule! Dem historischen Kopfe gelingt es wohl, das menschliche Wesen und Treiben sich im Ganzen der Zeit so vor die Augen zu stellen, wie uns allen das Ameisen-Wesen mit seinen kunstvoll getürmten Haufen vor Augen steht. Oberfl?chlich beurteilt, würde auch das gesamte Menschentum gleich dem Ameisentum von "Instinkt" reden lassen. Bei strengerer Prüfung nehmen wir wahr, wie ganze V?lker, ganze Jahrhunderte sich abmühen, neue Mittel ausfindig zu machen und auszuprobieren, womit man einem gro?en menschlichen Ganzen und zuletzt dem gro?en Gesamt-Fruchtbaume der Menschheit wohltun k?nne; und was auch immer bei diesem Ausprobieren die Einzelnen, die V?lker und die Zeiten für Schaden leiden, durch diesen Schaden sind jedesmal einzelne klug geworden, und von ihnen aus str?mt die Klugheit langsam auf die Massregeln ganzer V?lker, ganzer Zeiten über. Auch die Ameisen irren und vergreifen sich; die Menschheit kann recht wohl durch Torheit der Mittel verderben und verdorren, vor der Zeit, es gibt weder für jene, noch für diese einen sicher führenden Instinkt. Wir müssen vielmehr der gro?en Aufgabe ins Gesicht sehen, die Erde für ein Gew?chs der gr?ten und freudigsten Fruchtbarkeit vorzubereiten, — einer Aufgabe der Vernunft für die Vernunft!